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Zum Tod von Tony Bennett The Good Life

Über sieben Jahrzehnte lang beschenkte uns Tony Bennett mit Jazzklassikern. 50 Millionen verkaufte Alben und 19 Grammys bezeugten seinen Erfolg. Bis ins hohe Alter blieb seine Kreativität ungebrochen: als Sänger, Maler und Förderer. Jetzt ist Tony Bennett im Alter von 96 Jahren gestorben.

Tony Bennett | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Eine Autobiographie allein reichte ihm nicht aus, um die Überfülle seines langen, ereignisreichen Lebens und die daraus gewonnenen Erkenntnisse unterzubringen. Gleich zwei Bücher hat Tony Bennett darüber geschrieben. 72 war er, als das erste erschien, 86 beim zweiten. Davon, dass der Sänger und Entertainer das Leben liebte, zeugen die Buchtitel: "The Good Life" und "Life is a gift The Zen of Tony Bennett". Obwohl Tony Bennett die letzten Jahre mit einer Alzheimer-Erkrankung lebte, füllte er sein Leben bis zum Schluss mit allem, was für ihn wichtig war: die Musik und das Singen, das Malen, die Familie und sein soziales Engagement.

Tony Bennett ist sich immer treu geblieben

Tony Bennett ist der wahrscheinlich einzige amerikanische Künstler, dem eine fast 75 Jahre währende Karriere vergönnt war. Eine höchst erfolgreiche zudem. Davon zeugen 50 Millionen verkaufte Platten, 19 Grammys inklusive eines Lifetime Achievement Award, sieben Emmys, ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame und die Auszeichnung als "Jazz Master" des "National Endowment for the Arts", einer Stiftung, die 1965 vom amerikanischen Kongress ins Leben gerufen wurde. All das und mehr hat er erreicht, indem er sich einfach immer treu geblieben ist. "I don't sing a song that's badly written" lautete sein Motto. Er sang die schönsten Songs aus dem "Great American Songbook", die meist aus Musicals stammen und Jazzstandards geworden sind. Mit volltönender, warmer Stimme interpretierte er sie melodiös und ausdrucksstark und verlieh ihren Texten emotionale Tiefe. Ganz Gentleman und elegante Erscheinung vom Scheitel bis zur Sohle war er, dem Publikum und seinen Mitmusikern immer herzlich zugewandt.

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Dean Martin & Tony Bennett | Bildquelle: MrsCrocetti (via YouTube)

Dean Martin & Tony Bennett

Louis Armstrong prägte Tony Bennett als Kind

Dass Musik und Malerei in seinem Leben eine wichtige Rolle spielen würden, war Tony Bennett schon als Kind klar. Da hieß er noch Anthony Dominick Benedetto. Am 3. August 1926 kam er im New Yorker Bezirk Queens zur Welt. Seine Eltern stammten aus Italien, die Mutter arbeitete als Schneiderin, der Vater als Lebensmittelhändler. Sie ermutigten ihren Sohn darin, sich mit Kunst und Literatur zu befassen, freuten sich an seinen Gesangseinlagen bei Familienfesten und ließen ihn Jazz hören. Al Jolson, Louis Armstrong und Joe Venuti kannte er schon als Kind. Und die Härten der Großen Depression auch: Armut und Elend überall im Viertel, wenig Geld im Haus, und dann der frühe Tod des Vaters, der alles noch verschlimmerte.

Der Teenager Tony Bennett jobbte als singender Kellner

So kam es, dass Anthony nicht nur früh begann zu singen, sondern auch bald schon Geld damit verdiente, noch während er zur New York School of Industrial Art ging. Mit 13 arbeitete er als singender Kellner in einigen italienischen Restaurants, nahm an allen Amateurwettbewerben teil, die ordentliche Preisgelder boten und gewann dabei häufig. Die Schule musste er trotzdem aufgeben und tagsüber als Botenjunge für die "Associated Press" arbeiten. Und dann wurde er zur Armee eingezogen. Mit 18 im November 1944.

Vom Soldaten zum Pazifisten und Bürgerrechtler

Als Soldat der Infanterie musste Tony Bennett an der Ardennenoffensive teilnehmen und später auf dem Vormarsch in Deutschland am Häuserkampf. Seine Einheit befreite eines der Außenlager des KZs Dachau. Über die Kriegserfahrung schrieb er später, jeder, der denke, der Krieg sei eine romantische Angelegenheit, habe offensichtlich noch nie einen erlebt. Antonio Dominick Benedetto verließ die Armee als Pazifist und auch als Bürgerrechtler, denn die Ungleichbehandlung von weißen und afroamerikanischen Soldaten war ihm zuwider. In den 60er-Jahren wurde er ein vehementer Unterstützer von Martin Luther King und nahm 1965 an dessen Friedensmärschen in Alabama teil.

Karrierestart mit neuem Namen

Den letzten Teil seines Armeedienstes konnte Antonio Dominick Benedetto nach Kriegsende singend bestreiten. Er gehörte zu einer Army Band und nannte sich dort Joe Bari. Unter diesem Namen arbeitete er nach seiner Rückkehr in New York weiter, investierte das Studienstipendium der Armee in einige Semester klassischer Gesangsausbildung und übte sich zugleich im Jazz. 1949 begegnete er dem berühmten Entertainer Bob Hope, der ihn unter seine Fittiche nahm und ihm zum Einstieg den Namen verpasste, unter dem er berühmt werden sollte: Tony Bennett.

Das Liebeslied "Because of you" wird der erste Nummer-Eins-Hit

Seinen ersten Plattenvertrag bekam Tony Bennett 1950. Als "Crooner" sollte er aufgebaut werden, vom Orchester begleitet Liebeslieder singen. Gleich das erste wurde ein Nummer-Eins-Hit: "Because of you". Die Single verkaufte sich eine Million Mal. Mit seiner Version des Countrysongs "Cold, cold heart" und "Blue Velvet" lieferte er im Anschluss die nächsten Renner. Auch, als er wieder jazziger sang mit eigener Band und dem Pianisten Ralph Sharon, oder All Star Besetzungen, zu denen Art Blakey, Herbie Mann und Nat Adderley gehörten, und mit dem Count Basie Orchestra, blieb er enorm populär. Bis Mitte der 60er-Jahre währte der Erfolg, der in Anbetracht der großen Sängerkonkurrenz man denke nur an Frank Sinatra besonders hoch einzuschätzen ist. 1962 und 1963 gelangen Tony Bennett mit "I left my heart in San Francisco" und "The Good Life" noch einmal große Würfe, aber dann wurde der Weg steiniger.

Beat- und Rockmusik bringen schwere Zeiten für den Crooner

Es war der Triumphzug der Beat- und Rockmusik, der den Jazzstars zu schaffen machte und viele dazu verleitete, seifige Versionen von aktuellen Pophits aufzunehmen. Das tat auch Tony Bennett unter Schmerzen, könnte man sagen, und keineswegs überzeugend. Er ließ es bald bleiben. Aber da sein altes Repertoire nicht mehr zog, verlor er den Anschluss an seine bisherigen Erfolge. Er stemmte sich dagegen, gründete ein eigenes Label und nahm zwei großartige Platten mit dem Pianisten Bill Evans auf. Doch er musste feststellen, dass damit kein Geld zu verdienen war. Las Vegas war am Ende der Ort, an dem der Crooner noch gefragt war. Ein Ort, der ihm fast zum Verhängnis wurde.

Die Familie rettet Tony Bennett aus der Drogensucht

1979 war Tony Bennett völlig ausgelaugt. Drogen und die Finanzbehörde setzten ihm zu. Er starb beinahe an einer Überdosis Kokain, woraufhin er einen Hilferuf an seine zwei erwachsenen Söhne absetzte. Danny wurde sein Manager und orchestrierte den neuen Aufstieg seines Vaters. Er holte ihn nach New York, regelte die Finanzen, verschaffte ihm Auftritte in der populären Late Show von David Letterman und überzeugte die Plattenfirma Columbia davon, ihn wieder unter Vertrag zu nehmen. 1986 schaffte es Tony Bennetts Album "The Art of Excellence" wieder in die Charts. Über MTV und Auftritte für Studentensender erreichte er schnell junges Publikum mit den alten Songs von Cole Porter, George Gershwin und ihren Zeitgenossen. Er begann mit Größen aus der Popwelt aufzutreten - Elvis Costello etwa sowie K.D. Lang - und landete 1994 mit dem Live-Album "MTV Unplugged" einen seiner größten Erfolge, Grammy-Regen inklusive.

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Diana Krall and Tony Bennett | Bildquelle: swinginkatz (via YouTube)

Diana Krall and Tony Bennett

Im Duett mit Elton John, Aretha Franklin oder Amy Winehouse

US-Sänger Tony Bennett und die britische Sängerin Amy Winehouse posieren am 23.03.2011 in den Abbey Road Studios in London.  Im Studio mit Amy Winehouse: Tony Bennett «Duets II» | Bildquelle: Kelsey Bennett/Sony Tony Bennett und Amy Winehouse | Bildquelle: Kelsey Bennett/Sony Er habe nicht nur eine Brücke über die Generationenkluft gebaut, er habe sie komplett überwunden, ohne Kompromisse zu machen, schrieb die New York Times in den 90er-Jahren über ihn. Zu seinem 80. Geburtstag schenkte sich Tony Bennett eine Duett-CD, auf der er die Klassiker mit befreundeten Pop- und Jazzstars sang. Sting, Bono, Elton John, Billy Joel, Paul McCartney, Stevie Wonder, Diana Krall und Michael Bublé waren mit von der Partie. Zum 85. Geburtstag dann: "Duets II", unter anderem  mit Queen Latifah, Norah Jones, Aretha Franklin, Lady Gaga, mit der er 2014 dann auch das Album "Cheek to Cheek" aufnahm, und Amy Winehouse. Über ihren frühen Tod einige Monate nach der Aufnahmesession von "Body and Soul" trauerte Tony Bennett öffentlich. So gerne hätte er ihr noch helfen wollen, von den Drogen wegzukommen.

Zum 95. Geburtstag Konzerte in der Radio City Music Hall

Für das Album "Look for the silver lining", das er mit dem Trio des Pianisten Bill Charlap aufgenommen hat, bekam Tony Bennett 2016 seinen 19. Grammy, und gab bis zum Beginn der Corona Pandemie noch viele Konzerte auf internationalen Bühnen. Danach postete er regelmäßig Videos aus seinem Wohnzimmer, wo er Jazzklassiker sang. Jeden Tag ein neues Bild zu malen besonders gerne in Aquarelltechnik gehörte ebenso zu seiner Lebensroutine wie die Förderung sozialer Projekte. Damit begann er schon 1999, als er mit seiner dritten Frau Susan die "Frank Sinatra School of the Arts" gründete.

Sie steht da, wo für ihn alles begonnen hat am 3. August 1926: im Stadtteil Astoria des New Yorker Bezirks Queens. In den 95 Tagen vor seinem Geburtstag lancierte Tony Bennett mit täglich wechselnden Online-Veröffentlichungen eine Kampagne seiner gemeinnützigen Stiftung "Exploring the Arts", die das Angebot von Kunstunterricht in Highschools in den gesamten U.S.A unterstützt. An seinem 95. Geburtstag stand er wieder auf der Bühne - souverän und bestens gelaunt in der Radio City Music Hall mit Lady Gaga zu stehenden Ovationen. Es sollte sein letztes großes Geschenk für sich und seine Fans werden. Tony Bennett starb am Freitag, 21. Juli 2023 im Alter von 96 Jahren in New York, wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichteten.

Anlässlich des Todes von Tony Bennett ändert BR-KLASSIK das Programm und widmet dem Jazzmusiker die Sendung am Montag, 24. Juli 2023 ab 23:30 Uhr.

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