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Der Vokalvirtuose Bobby McFerrin wird 70 Mehr als "Happy"

Viele Menschen kennen und lieben seinen unverwüstlichen Welthit "Don't worry, be happy". Im kreativen Kosmos des amerikanischen Wundersängers gibt es darüber hinaus allerdings noch viel mehr zu entdecken. Einiges auch in den Archiven des Bayerischen Rundfunks. 

Sänger Bobby McFerrin feiert am 11. März 2020 seinen 70. Geburtstag | Bildquelle: Igor Sefr-dpa

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McFerrin zum 70. Geburtstag (von Beate Sampson)

Als Bobby McFerrin den mehrstimmigen A-capella-Song mit seiner ebenso ermutigenden wie ironischen Botschaft vor 32 Jahren aufnahm, wollte er sich ein kleines Späßchen machen während der Arbeit an seinem dritten Soloalbum "Simple Pleasures", auf dem er die einfachen Freuden des Lebens besang. Sieben Stimmen hat er im Mehrspurverfahren aufgenommen und damit einen Millionenseller kreiert, für den er vier Grammys bekam und der heute noch in aller Ohren ist. Kurz nachdem "Don't worry, be happy" an die Spitzenposition der Popcharts geschnellt war, tauchte der Sänger ab und lernte das Dirigieren, weil er Mozart und Beethoven neu erfahren wollte. Eine Klangwelt, die ihm seit seiner Kindheit geläufig war, weil seine Eltern im klassischen Musikbetrieb arbeiteten.

Spielend lernen unterm Flügel

Sein Vater Robert McFerrin war der erste afro-amerikanische Sänger, der 1955 an der Met in New York eine Titelrolle in einer Oper sang: den Rigoletto. Der kleine Bobby erlebte ihn auf der Bühne und zuhause, wenn der Papa Gesangsstunden gab, und er unterm Flügel saß und lauschte. Auch seine Mutter Sara war Sängerin und eine anerkannte Gesangsdozentin. Mit drei begann Bobby auf dem Klavier zu improvisieren, mit sechs bekam er Unterricht an der Juilliard School of Music. Vom regulären Üben hielt er nicht so viel, aber er spielte gerne - übrigens auch Cello, Klarinette und Flöte. Ein tolles Fundament war das für den singenden Meister-Improvisator, zu dem er später wurde.

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Concert for Europe - The Schönbrunn Concert - Bobby McFerrin - Wiener Blut

Die Familie zog nach Hollywood, als Bobby McFerrin acht war, weil sein Vater dort in der Verfilmung von George Gershwins "Porgy and Bess" dem Schauspieler Sidney Poitier seine Gesangsstimme lieh. Bobby McFerrins Musikgeschmacks erweiterte sich: zu Klassik und Musicalsongs kamen Jazz, Soul, Pop und Rock. Duke Ellington und Miles Davis, James Brown und Marvin Gaye, die Beatles und Led Zeppelin hielten Einzug ins musikalische Universum des Teenagers, der eine Klavierausbildung am College absolvierte und dann mit Unterhaltungsbands und Tanzkompagnien auf Tour ging. Erst mit 27 entschließt er sich Sänger zu werden.

Eine Eingebung in der Mittagspause

Es geschah am helllichten Tag. Gerade hatte er noch bei einer Probe Klavier gespielt und auf dem Weg zum Essen wird ihm klar, dass er Sänger ist. Sofort bewirbt er sich in einer Hotelbar und schon am selben Abend singt er dort. Er findet eine kompetente Managerin, tritt 1980 bei den ersten wichtigen Festivals in den USA auf und bringt zwei Jahre später seine erste LP heraus, auf der ihn noch eine komplette Band begleitet, mit der er dann auf Europatournee geht und auch bei den Jazztagen in Berlin mit großem Jubel bedacht wird.

Doch er war noch nicht angekommen, wo er hinwollte. Die improvisatorische Freiheit, die sich der Pianist Keith Jarrett in seinen Solokonzerten nahm, faszinierte Bobby McFerrin. So wollte er auch agieren können: ganz alleine auf der Bühne aus dem Moment heraus spontan die Musik erschaffen und hinter ihr verschwinden.

I thought it would be the greatest thing to be onstage as a soloist and disappear into music
Bobby McFerrin

1983 begann seine Laufbahn als Solosänger und er verschwand nicht in der Musik. Im Gegenteil: Er wurde zu Musik. Dabei wendete er unter anderem eine – wie er selbst sagt – "einfache Jodeltechnik" an. Mit dem schnellen Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme konnte er sowohl die Melodien als auch die Basslinien singen. Beim Ein- und Ausatmen erzeugt er dabei herrlich modulierte Töne und liefert die Perkussion dazu, indem er sich mit der flachen Hand auf die Brust schlägt. Mit dieser Methode meistert er Bebop-Soli in halsbrecherischen Tempi, greift klassische Melodien auf, zettelt fantasievolle "Call and Response"-Improvisationen mit dem Publikum an, jubelt in den höchsten Höhen und lässt aus seinen Basstönen heraus die Obertöne singen. Seine Konzerte sind neu und einzigartig. Das Publikum ist begeistert. "The Voice" und "Spontaneous Inventions" heißen die nächsten beiden Alben und dann kommt "Don't worry, be happy".

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Bobby McFerrin - Don't Worry Be Happy (Official Video) | Bildquelle: BobbyMcFerrinVEVO (via YouTube)

Bobby McFerrin - Don't Worry Be Happy (Official Video)

Der Song ist ein Riesenspaß, aber Bobby McFerrin sieht, dass er Gefahr läuft, in eine Schublade gesteckt zu werden. Und das will er definitiv nicht. Er lernt das Dirigieren von der Pike auf – unter anderem von Leonard Bernstein und gibt an seinem 40. Geburtstag sein Debüt. Vier Jahre später leitet er das Saint Paul Chamber Orchestra in Minnesota und bringt mit ihm das Album "Paper Music" heraus. Es folgen Engagements mit den führenden Orchestern aus New York, Cleveland, Philadelphia und Chicago und Gastdirigate beim Gewandhausorchester und den Wiener Philharmonikern. Mit ihm in der Doppelrolle als Sänger und am Pult. Im Zeitraum von 1996 bis 2012 ist der Vokalvirtuose auch acht Mal zu Gast beim Münchner Rundfunkorchester.

In die Tiefe der Seele

Parallel dazu baut er ein Duoprogramm mit dem Pianisten Chick Corea auf, tourt mit Cellist Yo-Yo Ma und gründet sein zwölfköpfiges "Voicestra", mit dem er sich von den Musiken der Welt inspirieren lässt. Afrikanische Lieder und indische Ragas, die Klänge des Nahen und mittleren Ostens fließen in den hypnotischen Ensemblegesang auf den Alben "Medicine Music" und "Circlesongs" ein. Bobby McFerrin gestaltet weltweit Konzertabende mit Chören und Sänger*innen, mit denen er sich vor Ort verabredet oder sie spontan auf die Bühne kommen lässt. Es sind Happenings der Lebensfreude, in die er das Publikum vollständig einbezieht. Da werden Stimmen und Rhythmen verteilt, es entstehen polyphone Kunstwerke, aus denen heraus Solostimmen improvisiert werden nach Herzenslust. Unvergessliche Momente für Abertausende hat Bobby McFerrin so geschaffen und immer wieder ein großes, musikalisches Gemeinschaftsgefühl. Für ihn sei die Musik wie eine spirituelle Reise in die Tiefe seiner Seele, hat der Sänger einmal gesagt. Wie schön, dass er so vielen anderen diese Reise zu sich selbst auch ermöglicht. Es ist anzunehmen, dass ihn viele Glückwünsche aus aller Welt erreichen an seinem 70. Geburtstag. Und BR-KLASSIK schließt sich an: Bobby McFerrin, er lebe hoch!

Bobby McFerrin auf BR-KLASSIK

Jazztime am 11. März 2020 - Jazz aus Nürnberg: Live-Mitschnitte
Virtuose und Meister der magischen Momente
Zum 70. Geburtstag des grenzenlos singenden Bobby McFerrin
Moderation und Auswahl: Beate Sampson

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