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Kostprobe | 06.06.2022 Glanzvolle Oper für die Kirche

Zwei gefeierte Opernkomponisten aus Neapels großer Zeit als Schöpfer geistlicher Musik: Das belgische Barockensemble "Les Muffatti" musiziert Motetten von Nicola Antonio Porpora und Johann Adolph Hasse.

CD-Cover: Motetten von Hasse und Porpora | Bildquelle: © Ramée

Bildquelle: © Ramée

Die Pracht barocker Kirchen. Betäubender Duft von Weihrauch, der zu opulenten Fresken emporsteigt und die Betenden in Trance versetzt. Bittere Armut in den engen Gassen, triumphaler Glanz in den fast 200 Gotteshäusern: Noch heute sind Prunk, Elend und Tod untrennbar miteinander verschlungen in Neapel. Hier der Rausch prachtvoller Kunst, dort Camorra und dauerhaft versagende Müllabfuhr.

Wie's mit dem Müll um das Jahr 1700 bestellt war, darüber können wir nur mutmaßen. Unbestreitbar ist aber, dass Neapel damals mit über 300.000 Einwohnern nicht nur die drittgrößte Stadt Europas war, sondern auch der musikalische Nabel der Welt. Alles, was Rang und Namen hatte, kam aus Neapel oder traf sich dort.

Eine neue Aufnahme des belgischen Barockensembles "Les Muffatti" entfaltet einen farbenprächtigen Bilderbogen sakraler Musik zu Füßen des Vesuv. Mit makelloser Eleganz feiern "Les Muffatti" zwei der großen Barockkomponisten Neapels. Nicola Antonio Porpora, seinerzeit der wohl einflussreichste und auch produktivste, führte das Leben eines Abenteurers, eines rastlos Reisenden, eines Intriganten, dessen glanzvoller Stern nach einer großen Karriere ebenso rasch sank, wie er einst aufgegangen war.

Temperament und Lebendigkeit

Zwei Motetten Porporas für Solostimme und Orchester leuchten glutvoll und werden so frisch musiziert, als sei die Tinte der Notenblätter gerade erst trocken geworden. Sie zeigen den Komponisten als einen Theatermann, der mit sicherer Hand aus geistlichen Inhalten bravouröse Opernszenen entwickelt.

Die Oper in Neapel zu Porporas Zeit lebte vor allem von der zirzensischen Kunst gefeierter Kastraten. Dementsprechend fordern die Komponisten auch in ihren sakralen Werken als Gesangssolisten souveräne Virtuosen. In dieser Aufnahme glänzt der Countertenor Clint van der Linde mit dramatischer Attacke und sinnlich-dunkel gefärbtem Timbre.

Auf ein ganz anderes Pferd zum Gipfel des musikalischen Parnass setzte Johann Adolph Hasse. Geboren wurde er bei Hamburg, ging zum Studium nach Neapel zu Nicola Porpora - und war später einer seiner erbittertsten Konkurrenten. Trumpft Porpora effektvoll auf, wagt Hasse melodische Schlichtheit - und repräsentiert somit den Stilwandel der 1730er Jahre. Musik wird zum Medium, um Gefühle und Seelenregungen unverstellt auszudrücken: Das Zeitalter der Aufklärung und der Empfindsamkeit hat begonnen.

Salve Regina - Motetten von Hasse und Porpora

Clint van der Linde, Countertenor
Les Muffati
Bart van Reyn, Leitung
Label: Ramée

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 6. Juni 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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