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Jean-Marie Leclair Französischer Violinkomponist mit tragischem Ende

Als in Frankreich im 18. Jahrhundert die Gambe immer weniger gespielt wurde, begann der Aufstieg der Geige als virtuosem Solo-Instrument, wovon etliche virtuose Kompositionen dieser Zeit zeugen, auch die von Jean-Marie Leclair.

Jean-Marie Leclair (1697-1764) | Bildquelle: © picture alliance/United Archives | 91020

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Das 17. Jahrhundert in Frankreich war die Blütezeit der Gambe, Sieur de Saint-Colombe und Marin Marais spielten und schrieben ihre wunderbaren Werke. Im 18. Jahrhundert dann war die Geige vorherrschend. So nimmt es nicht Wunder, dass Antoine Leclair, selbst Gambist, seinen Söhnen und Töchtern Geigen- und nicht zum Gambenunterricht angedeihen ließ. Zumindest sechs seiner acht Kinder werden Musiker, ob Komponisten, Geiger oder Geigenlehrer. Der berühmteste unter ihnen ist Jean-Marie. Jean-Marie l'ainé, der erstgeborene. Nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Jean-Marie le cadet, der jüngere.

STUDIENZEIT IN ITALIEN

Zunächst macht Jean-Marie Leclair, der uns heute vor allem durch seine Violinkompositionen bekannt ist, als Tänzer Karriere. In Frankreich ist der Tanz spätestens seit Ludwig XIV. ein wesentlicher Bestandteil des Kulturlebens. So tanzt Leclair erst in Lyon, später geht er als Ballettmeister nach Italien, wo er dann auch schnell mit der dortigen Violinschule in Berührung kommt. Sein Lehrer ist Giovanni Battista Somis, und der war wiederum Schüler von Arcangelo Corelli. Leclair macht nicht nur als Geiger, sondern schnell auch als Komponist von sich reden. Seine Sonaten für Violine und Basso continuo veröffentlicht er seit seinem 26. Lebensjahr in Paris. Zeitgenossen sprechen davon, dass Leclair eher beherrscht und exakt spielt, als dass ein überschäumender Virtuose wäre. Bald gilt er als einer der besten Geiger Frankreichs und erhält sogar den Beinamen "le Corelly de la France" "der französische Corelli". Leclair scheint ein bescheidener Mensch zu sein:

"An Monsieur Cheron, Mein lieber Freund,"

in seinen Konzerten op.7 dankt er André Chéron für den Unterricht, den er bei ihm erhalten hatte, der ihm das kunstvolle Komponieren beibrachte:

"Ich bringe Ihnen und werde Ihnen mein Leben lang die gleiche Freundschaft und Dankbarkeit entgegen bringen, mein lieber Meister. Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener, Jean-Marie Leclair l'ainé"

IN VIVALDIS UND CORELLIS KIELWASSER

Er ist Franzose und lernt das Kompositionshandwerk in seiner Heimat ebenso wie in Italien: dort ist Vivaldi gerade dabei, das Solokonzert zu etablieren, und dieser Form ist auch Leclair zugetan. Noch ein paar Doppelgriffe hinzugefügt, auch vierstimmige Akkorde, einige französische Ornamente, und fertig ist seine ureigene italienisch-französische Kompositions-Handschrift.

Er spielt auch am französischen Hof, doch dort ist ihm der Konkurrenzdruck schnell zu hoch, und so zieht er weiter, diesmal nach Norden, in die Niederlande. Aber auch dort hält es ihn nicht lange, und so kehrt er erneut nach Frankreich zurück. Bereits zu Beginn seiner Komponistenkarriere schreibt er Bühnenmusik, kleine Ballettintermedien, und nun kann er eine eigene abendfüllende Tragédie lyrique auf die Bühne bringen, "Scylla et Glaucus", die immerhin 18 Aufführungen erlebt.

UNRÜHMLICHES ENDE

Das Privatleben Jean-Marie Leclairs nimmt in seinen letzten Lebensjahren eine traurige Wendung: er trennt sich von seiner zweiten Frau und sieht sich gezwungen, in eine als gefährlich bekannte Gegend etwas außerhalb von Paris zu ziehen. Am 23. Oktober 1764 wird er dort tot aufgefunden, erstochen. Seinen Mörder zu stellen, das gelingt allerdings nicht.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 19. Oktober 2014, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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