Düsseldorf, 11. Juni 1854. Clara Schumann bringt ihr achtes Kind zur Welt. Nach einer anstrengenden Schwangerschaft, in der sie nächtelang wach lag und sich Sorgen machte um ihren Mann Robert. Sie wollte es nicht wahrhaben, doch nun herrscht Gewissheit: Robert ist psychisch krank.
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Clara hält das letzte gemeinsame Kind im Arm. Es ist Robert wie aus dem Gesicht geschnitten, findet sie, und ausgesprochen kräftig. Und es gibt nichts, was sie sich sehnlicher wünscht, als Robert den kleinen Schreihals zu zeigen. Seit März ist er in einer privaten Klinik in Endenich untergebracht. Komplett isoliert von Freunden und Familie: Das Besuchsverbot wäre nur zu seinem Besten, erklärt der Arzt Dr. Richarz. Penibel führt er Tagebuch über Roberts Zustand: "Er scheint wieder Gehörtäuschungen zu haben, es ist ein Zittern und Beben, mitunter auch stoßweise Erschütterungen."
Dämonen und wilde Tiere suchen Robert in seinem Kopf heim. Aber davon erfährt Clara vorerst nichts. Wenige Wochen nach der Geburt schreibt sie an die Klinik: "Recht inständig bitte ich Sie, sobald es zulässig ist, dass ich ihm einmal schreibe, und Sie es mich wissen lassen, sobald ein Besuch ohne Nachteil für ihn stattfinden kann."
Johannes Brahams, der Taufpate von Clara Schumanns achtem Kind | Bildquelle: picture-alliance/dpa
Nachdem Clara keine Bewilligung erhält, bringt sie ihr Leben in Düsseldorf in halbwegs normale Bahnen. Ihre Mutter kommt aus Berlin und unterstützt sie. Johannes Brahms sucht sich ein Zimmer in ihrer Nachbarschaft, spielt oft mit den anderen Kindern der Schumanns. Er springt auch zum Babysitten ein, als Clara wieder Konzerte gibt. Clara muss Geld verdienen. Die finanziellen Rücklagen schrumpfen, die Pensionate für die Töchter, sowie der Aufenthalt von Robert in der Klinik verschlingen Unsummen. Außerdem hilft ihr die Musik als seelische Stütze.
So vergehen insgesamt zehn Monate, bis sich Clara und Robert wiedersehen. Ohne Baby. Aber Clara schenkt ihm eine Fotografie der Kinder, auf dem auch der kleine pausbäckige Felix zu sehen ist. Benannt nach dem frühverstorbenen Freund der Familie Felix Mendelssohn Bartholdy. Taufpate ist Johannes Brahms. Das Bild steht bis zu Robert Schumanns Tod auf seinem Nachtkästchen.
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Sendung: "Allegro" am 11. Juni 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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