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Das "Te Deum" von Hector Berlioz Zum Andenken an Napoleon?

Paris, 30. April 1855. Hector Berlioz' "Te Deum" wird uraufgeführt. Das Konzert wird zu einem der größten Erfolge seines Lebens Seinen Hang zum Bombastischen hat Berlioz auch hier wieder ausgelebt: Fast 1.000 Musiker wirken mit.

Hector Berlioz | Bildquelle: picture alliance/Everett Collection

Bildquelle: picture alliance/Everett Collection

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Wuchtige Klangsäulen türmen sich im Kirchenschiff von Saint-Eustache. Sechs Jahre lang hat Hector Berlioz auf diesen Moment gewartet. Endlich wird sein großes "Te Deum" uraufgeführt - und zwar als einzigartiges Surround-Erlebnis! Im Altarraum das gewaltige Orchester, am gegenüberliegenden Ende des Kirchenschiffs die Orgel. Über eine Distanz von hundert Metern kommunizieren sie miteinander. Berlioz ist stolz: "Der Papst unterhält sich mit dem Kaiser", bemerkt er. Der Papst, das ist in dem Fall die Orgel, der Kaiser das Orchester. Und um das Klangerlebnis perfekt zu machen, positioniert Berlioz im Mittelschiff zwei Chöre und – etwas erhöht – einen riesigen Kinderchor mit 600 Stimmen. Insgesamt sind fast 1.000 Musiker im Einsatz. Berlioz liebt das Bombastische!

Geistliche Musik eines Agnostikers?

"Te deum laudamus" – "Dich, Gott, preisen wir"! Aber richtet sich das Werk wirklich an Gott? Berlioz ist nicht gerade religiös – schon gar nicht, nachdem er zwei Frauen und ein Kind verloren hat. "Gott ist stupid und abscheulich in seiner unendlichen Gleichgültigkeit", lautet sein religiöses Credo.

Eine kriegerische Musik

Nein, dieses "Te Deum" hat Berlioz vermutlich im Andenken an Napoleon geschrieben – als Würdigung seiner ruhmreichen Feldzüge. Die Musik hat in der Tat etwas Kriegerisches. Berlioz verschärft die dynamischen Schattierungen, lässt Farben explodieren – viel mehr noch als im zwölf Jahre zuvor komponierten Requiem: "Das Requiem hat einen Bruder – einen Bruder, der mit Zähnen auf die Welt gekommen ist", schreibt Berlioz nach der Uraufführung an Franz Liszt, noch ganz berauscht von dem Erfolg: "Es war kolossal, babylonisch, ninivitisch… Mein Gott, dass du nicht dabei warst!"

Berlioz ist zufrieden

Die Kirche war brechend voll, das Publikum begeistert. Und Berlioz schwärmt noch Jahre später in seinen Memoiren: "Das Finale ist ohne jeden Zweifel das grandioseste, das ich je geschrieben habe."

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Berlioz : Te Deum Op.22 | Bildquelle: France Musique concerts (via YouTube)

Berlioz : Te Deum Op.22

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Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 30. April 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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