Sankt Petersburg, 6. Februar 1909. Igor Strawinsky begegnet zum ersten Mal dem Impresario Sergej Diaghilew. Dies sollte für ihn den Beginn einer Weltkarriere bedeuten.
Bildquelle: Paul Sacher Stiftung, Basel
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In den feinen Salons der Petersburger "haute volée" ist er verschrien, gilt als ungebildet, hochmütig und genusssüchtig, der junge dickliche Mann aus dem fernen Perm. Sergej Diaghilew selbst lässt das kalt, sein Erfolg gibt ihm recht. Man kommt nicht an ihm vorbei, in Russland, Anfang des 20. Jahrhunderts, wenn man mitmischen will auf dem Gebiet der "Schönen Künste", der Beaux Arts.
Diaghilew hat, was man nicht lernen kann: einen untrüglichen Spürsinn für künstlerisches Genie. Er versammelt die besten Maler, Bildhauer, Schriftsteller und Komponisten um sich, bringt europäische Kunst nach St. Petersburg, um Augen und Ohren zu öffnen. Und bringt die aufregend neue Kunst aus der Heimat nach Paris, London, Berlin. Der Westen staunt nicht schlecht über Skrjabin, Glasunow und Rachmaninow, anno 1907.
Sergej Diaghilew | Bildquelle: picture-alliance/dpa
"Mir Iskusstwa", "Die Welt der Kunst": so nennt der Impresario Diaghilew sein avantgardistisches Jahrbuch. Die Lektüre ist ein Muss für alle, die mitreden wollen in Sachen Ästhetik, Literatur, Malerei und Musik. Auch der junge Igor Strawinsky liest fleißig, spitzt die Ohren und die Bleistifte. Und komponiert zwei Orchesterstücke, die sich an den neuen Klangidealen orientieren: Schillernde Farbenpracht dank einer Riesenbesetzung mit allem, was bläst, zupft und streicht. Drei Harfen sind ihm nicht zu viel für ein paar Takte Musik in seinem "Scherzo fantastique" und dem "Feu d'artifice".
Alexander Siloti führt Strawinskys Miniaturen auf, am 6. Februar 1909. Das Publikum ist verzaubert. Im Saal sitzt auch Sergej Diaghilew. Für seine Tanz-Compagnie, die "Ballets russes", ein Exportschlager, sucht er nach guten, neuen Komponisten. Der Altmeister Anatoli Ljadow hat ihn hängen lassen, war überfordert mit dem Projekt, und so landet Diaghilew an jenem Abend in Petersburg mit seinem Spürsinn einen weiteren Volltreffer: Er verpflichtet Igor Strawinsky für die Komposition des "Feuervogel". Wohl sein größter Coup!
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Stravinsky - Feu d'artifice (Orchestre de Paris, Boulez)
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Sendung: "Allegro" am 06. Februar 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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