Klein-Zschocher bei Leipzig, 30. August 1742: Johann Sebastian Bachs "Bauernkantate" wird uraufgeführt – Bachs letzte weltliche Kantate.
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Es ist ein rauschendes Fest auf dem Land – mit Feuerwerk, Tanz und gutem Essen. Carl Heinrich von Dieskau, ein Hofbeamter aus Leipzig, wird neuer Gutsherr auf dem Rittergut Klein-Zschocher, und damit Chef über die dort lebenden Bauern. Das muss gefeiert werden, mit Musik. Und die ist von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach.
"Wir haben eine neue Obrigkeit", singt das Bauernpaar, natürlich auf Sächsisch. Mieke und ihr Bräutigam freuen sich über den neuen Herrn, denn der ist gut, großzügig und "mit keinem Hopfensack voll Batzen zu bezahlen", wie sie es ausdrücken. Zugleich lästert das Bauernpaar über den Pfarrer und schimpft über den Schösser, der die Steuern eintreibt. Dazwischen necken sich Bauer und Bäuerin gegenseitig, machen derbe Scherze und anzügliche Anspielungen.
Die "Bauernkantate" ist Bachs letzte weltliche Kantate. Tanzen, Lieben und Biertrinken – das passt doch eigentlich gar nicht zum vergeistigten Bach. Aber irgendwie schon. Denn Bach parodiert. Und ahmt nach – sowohl die wenig kultivierte Singweise der Bauern als auch das Spiel der sogenannten "Bierfiedler". Außerdem greift Bach auf Volkstänze und populäre Melodien zurück – wie "Mit dir und mir ins Federbett".
Es ist eine Huldigungsmusik mit Augenzwinkern, eine geistreiche Komödie zur Erheiterung der Gäste. Bachs Textdichter Picander, der selbst im Hauptberuf Steuereinnehmer unter besagtem Dieskau ist, kennt die Hoffnungen und Sorgen der Bauern nur zu gut. Daher die Bitte: Der neue Herr möge seine Untertanen gut behandeln. Dafür soll seine Frau dann auch nach vielen Töchtern endlich Söhne gebären.
Nachdem das fiktive Bauernpaar dem neuen Gutsherrn seine Segenswünsche überbracht hat, begibt es sich in die Dorfschenke – dahin, wo der "Tudelsack brummt". Jetzt wird nach Bauernart gefeiert – bei Bier und Tanz.
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J.S. Bach, Kantate BWV 212 „Mer han en neue Oberkeet" („Bauernkantate“) | Kay Johannsen
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Sendung: "Allegro" am 30. August 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK