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Richard Strauss als Vogel Strauß Meister der Selbstinszenierung

Weimar, 1. März 1892. Richard Strauss geht auf ein Kostümfest. Strauss ist ruhelos. Unrast ist sein Wesen. Man streitet über diesen jungen Wilden, diesen märchenhaft erfolgreichen Skandalkomponisten. Man nennt ihn "Umstürzler", "Décadent", "Reklameheld", "Schalk" und "Musikkönig". Er selbst bezeichnet sich kokett als "einen jungen musikalischen Fortschrittler (äußerste Linke)".

Was heute geschah Richard Strauss | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Die Journalisten schreiben lange, kontroverse Artikel über den Jungstar. Einig sind sich die Musikkritiker eigentlich nur darin, dass dieser Strauss schwer zu fassen ist. Ständig fällt ihm etwas Neues ein. Offenbar liebt er es, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sich dabei aber zugleich hinter wechselnden Masken zu verstecken. Seine Musik wimmelt vor Selbstporträts: als Held in "Ein Heldenleben", als Provokateur der Spießer im "Till Eulenspiegel", als Göttergatte in der "Sinfonia domestica", als Minnesänger im "Guntram". Aber keines dieser schillernden Selbstporträts ist buchstäblich zu verstehen, alle sind ironisch gebrochen.

Als Riesenvogel auf dem Künstlerfest

Kein Wunder, dass Strauss sich an Fasching gerne verkleidet. In Berlin lässt er sich, 19-jährig, als Friedensengel in griechischem Gewand bewundern. In Weimar hat der 25-jährige, damals immerhin schon "Großherzoglicher Kapellmeister", bei einem Künstlerfest als bonbonverkaufender Schwarzer großes Aufsehen erregt. In der Faschingssaison des Jahres 1892 übertrifft er sich selbst: "Heute abend Künstlerfest, wo ich als Vogel Strauß verkleidet sein und Eier legen werde mit Autogrammen!"

Meister der Selbstironie

Ein genialer Reklamegag. Richard Strauss geht als Vogel Strauß. Und kann davon ausgehen, dass die von ihm gelegten Straußeneier mit Strauss-Autogrammen reißenden Absatz finden: ein Meister der Selbstinszenierung als Meister der Selbstironie.

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Strauss - Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 | Cristian Măcelaru | WDR Sinfonieorchester | Bildquelle: WDR Klassik (via YouTube)

Strauss - Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 | Cristian Măcelaru | WDR Sinfonieorchester

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 01. März 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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