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Kurt Tucholsky wird geboren Der Mann mit dem politisch scharfen Blick

Berlin, 9. Januar 1890. Kurt Tucholsky wird geboren. Mit seinen Geschwistern Ellen und Fritz erlebt er eine behütete Kindheit in einer großbürgerlichen Familie. Der Vater stirbt, als Kurt 15 Jahre alt ist. Die autoritäre Mutter übernimmt das Ruder. Das hinterlassene Vermögen des Kaufmanns und Bankdirektors Tucholsky ermöglicht Sohn Kurt einen Privatlehrer zur Abitur-Vorbereitung. Und danach ein sorgenfreies Jurastudium.

Kurt Tucholsky. Foto von 1931 | Bildquelle: picture alliance / akg-images

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Die Sendung zum Anhören

Dieses Studium betreibt Tucholsky allerdings weniger eifrig. Das Nachtleben Berlins hingegen studiert er ausgiebig. In verrauchten, mitunter verruchten Varietés, Bars und Theatern lernt er Künstlerinnen kennen, manche auch lieben. Später schreibt er mit den Bildern jener Zeit im Kopf schon Songtexte, die auch Claire Waldorf mit kecker Miene, tiefem Dekolleté und dem Berliner Dialekt zum Besten gibt. Im Berlin jener Zeit schärft er auch seinen Blick für die sozialen und politischen Verhältnisse der Kriegsjahre.

Du musst auf deinem Gang durch Städte wandern, siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann dein Freund sein, es kann dein Feind sein.
Kurt Tucholsky, 'Augen in der Großstadt'

Vier Pseudonyme

1911 beginnt Kurt Tucholsky seine journalistische Tätigkeit, und ein Jahr später erscheint der kleine Liebesroman "Rheinsberg". 120.000 Mal wird er verkauft, später fällt er der Bücherverbrennung zum Opfer. Der Erfolg von "Rheinsberg" überrollt den jungen Autor in Form von schier unzähligen Angeboten. Kurt Tucholsky legt sich gleich vier Pseudonyme zu, damit nicht auffällt, wie viele Artikel in der "Schaubühne" aus seiner Feder stammen. Ignaz Wrobel, Peter Panter, Theobald Tiger und später auch noch Kaspar Hauser. Er schreibt für "Simplicissimus", gibt Grotesken, Gedichte und Satiren heraus, arbeitet für das Kabarett "Schall und Rauch". Tucholsky übernimmt die "Weltbühne", denkt linksliberal, fühlt pazifistisch, lebt humanistisch und bleibt zeit seines Lebens immer kritisch. Nie verheddert er sich in politischen Partei-Gedankengut.

Eine Schreibmaschine ist ein Gedanken-Klavier.
Kurt Tucholsky

Am Ende steht die Kapitulation

Witzig, hinterfotzig, wachsam, warnend sind seine Worte gegen den nationalistischen Wahnsinn der Weimarer Republik gerichtet. Gültigkeit haben viele seiner aophoristischen Momentaufnahmen bis heute. Am Ende, im Exil in Schweden, kapituliert Kurt Tucholsky 1935 mit einer Überdosis Schlaftabletten.

Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück ... Vorbei, verweht, nie wieder.
Kurt Tucholsky, 'Augen in der Großstadt'

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Lerne lachen ohne zu weinen - Kurt Tucholsky. Ein deutscher Dichter (Portrait, BR 1985) | Bildquelle: bobbynoe1 (via YouTube)

Lerne lachen ohne zu weinen - Kurt Tucholsky. Ein deutscher Dichter (Portrait, BR 1985)

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 09. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Dienstag, 09.Januar, 16:43 Uhr

Beate Schwärzler

Tucholsky: "Vorbei, verweht, nie wieder."

"Nie wieder !" --- haben unsere vollmundigen Politiker sich das von Tucholsky abgehört?

Hm.
Das Bild..., das Foto..., ja. S o ist er mir vertraut.
Mich verläßt immer noch alle Kraft, wenn ich an ihn denke. An seinen aufreibenden Kampf,
an seine Verzweiflung, an sein Ende. Wie er sich verraten fühlen mußte von denen, für die er sich einsetzte. Von seinen Landsleuten, "seinem Volk."

Die Deutschen sind, bis heute nicht, nie mit ihm klar gekommen.

M i r geht es mit ihm in einer Weise wie mit Schubert. Franz Schubert.
Das Gefühl einer grenzenlosen "tendresse" nimmt mich gefangen und eines
grenzenlosen Bedauerns. Daß ich nicht d a sein konnte zu ihrer Zeit.

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