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22. August 1928: Karlheinz Stockhausen wird geboren Zu Hause in der Zukunft

Nein, der berühmteste Komponist der Avantgarde hat weiß Gott keine glückliche Kindheit. Die Mutter leidet unter einer Psychose, bildet sich schon bei Karlheinz' Geburt ein, ihr Baby sei vertauscht worden. Später zieht sie sich immer mehr zurück, spricht mit dem Radio, versucht schließlich vor den Augen des vierjährigen Karlheinz, aus dem Fenster zu springen. Von da an sieht er sie nur noch in der Nervenheilanstalt, in der Zwangsjacke.

Karlheinz Stockhausen | Bildquelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com

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22. August 1928: Karlheinz Stockhausen wird geboren

Zu Hause in der Zukunft

Der Vater ist Lehrer – und ein fanatischer Jäger. Er tritt der NSDAP bei, glaubt an Heldentum und deutsche Ehre, fordert von seinen Kindern bedingungslose Unterwerfung. Karlheinz wird in ein Internat gesteckt, während der Vater für Hitler in den Krieg zieht. 1944 fällt er an der Ostfront. Da ist auch die kranke Mutter schon tot. Die Nazis betrachteten ihr Leben als "unwert", deportierten sie nach Hadamar und ermordeten sie in der Gaskammer. Mit 17 ist Karlheinz Stockhausen Vollwaise.

"Furchtlos weiter"

Kein Wunder, dass Stockhausen nie zurückblicken wollte, sondern immer nur voraus. "Furchtlos weiter", war sein Wahlspruch. Jedes Stück sollte völlig neu klingen, und auf jeden Fall ganz anders als die Musik der Vätergeneration. Stockhausens Zuhause war die Zukunft, der ferne Horizont, das Weltall. So wurde er zur Galionsfigur der Avantgarde.

Kindheit in Kunst verwandelt

Erst mit 50 wandte er sich doch noch um und wagte den Blick zurück – ein einziges Mal. Im ersten Akt seiner Oper "Donnerstag" aus "Licht" von 1980 erzählt Stockhausen die Kindheit der Hauptfigur Michael. Da gibt es einen Vater, der Lehrer ist und im Krieg fällt. Es gibt eine Mutter, die nach einem Selbstmordversuch in die Klinik kommt und vom Arzt getötet wird. Und es gibt Michael, der eine Prüfung vor einer Jury ablegt – als Sänger, Trompeter und Tänzer. Michael besteht mit Bravour, das Examen wird zum Triumph. Und eine beklemmende Kindheit hat sich in Kunst verwandelt.

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