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Schönberg wird Professor in Berlin Die Konservativen schäumen vor Wut

Berlin, 28. August 1925. Arnold Schönberg wird zum Professor für Komposition ernannt. Nicht nur die Konservativen fühlen sich arg düpiert, sondern auch die Antisemiten: Schönberg ist Jude. Bis 1933 hält der Komponist durch, dann emigriert er.

Arnold Schönberg. Gemälde, 1909, von Max Oppenheimer (1885-1954).  | Bildquelle: picture-alliance / akg-images / Erich Lessing | Erich Lessing

Bildquelle: picture-alliance / akg-images / Erich Lessing | Erich Lessing

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Richard Strauss war als Musikprofessor zurückgetreten, und dessen Nachfolger Ferruccio Busoni ist nun gestorben. Also muss die Kompositionsprofessur an der Berliner Akademie der Künste neu besetzt werden. Dafür reist der Musikreferent im Preußischen Kultusministerium Leo Kestenberg nach Wien, und er gewinnt dort den berühmten Schönberg als Leiter der Meisterklasse für Komposition.

Der schwelende Judenhass bricht aus

Und deshalb könnte unsere Überschrift nicht nur heißen: die Konservativen schäumen. Gut, sie schäumen natürlich. Weil Schönberg der Wegbereiter in die freie Atonalität ist, und dann auch noch die Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen erfunden hat. Schlimm genug. Aber noch schlimmer: Er ist Jude. Deshalb schäumen vor allem die Antisemiten. Jetzt bricht er wieder einmal auf, der schwelende Judenhass. All die Schönbergs und Kestenbergs. Und die Goldbergs und Zuckerbergs. Lauter Seilschaften! Nicht mal hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt, nein, ganz offen. Von “entarteter Musik” ist die Rede, von einem “rabulistisch ausgeklügelten Missklangsystem”, und von jüdischer Verschwörung gegen die Kunst.

Eine hochdotierte Position

Mit gemischten Gefühlen tritt Schönberg eine der renommiertesten und bestdotierten Positionen an, die ein Komponist in Deutschland überhaupt erreichen kann. Schönberg muss nur sechs Monate im Jahr unterrichten, Zeit, Form und Inhalt seiner Vorlesungen stehen ihm frei. Auch das: ein Grund für die Antisemiten und die Konservativen zu schäumen.

Flucht ins Exil

Für Schönberg sind die Anfeindungen ein weiteres kräftiges Wetterleuchten dessen, was noch kommen wird. Bald sind die ewigen Schmähungen für ihn auch ein Grund, seine unterrichtsfreie Zeit an der Akademie durch zusätzliche Urlaubsanträge zu verlängern, um Berlin fernbleiben zu können. Bis zum Mai 1933 hält Schönberg durch. Dann flieht er ins Exil.

Komponiert und uraufgeführt in Berlin: Schönbergs Variationen op. 31

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Pierre Boulez : Variations pour orchestre opus 31 d’Arnold Schoenberg | Bildquelle: France Musique concerts (via YouTube)

Pierre Boulez : Variations pour orchestre opus 31 d’Arnold Schoenberg

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 28. August 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Mittwoch, 30.August, 15:04 Uhr

Toll

Schnoenberg

Kurz knapp informativ
Bravo

Dienstag, 29.August, 01:33 Uhr

P.S.

Unredliche Argumentationstaktik

Der Autor scheint dem Leser nahelegen zu wollen, dass sich die Vorwürfe der sogenannten "Konservativen" und "Anti-Semiten" von selbst desavouieren, so dass er sie nur mit abwertenden Beschreibungen ("schäumend" scheint seine Lieblingsvokabel zu sein) versehen muss, ansonsten sich aber die Mühe eine Gegenargumentation sparen kann.

Das ist aber mitnichten der Fall. Nach hundert Jahren des kläglichen Scheiterns der "Neuen Musik" bei einem Einsatz beträchtlicher Ressourcen zu deren Verbreitung (da dürften ja wirklich Milliardensummen investiert und in den Sand gesetzt worden sein, all die Lehrstühle, die Journalisten, Verlage etc.) stellt sich nach wie vor die Frage, ob hier im Gegensatz zu Schönbergs wortreichen Behauptungen eben keine natürliche Kunstentwicklung vorliegt, sondern die künstliche Unterbindung der europäischen Kunstmusik durch eine recht kleine Clique.

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