BR-KLASSIK

Inhalt

Was heute geschah – 8. November 1930 Das Singspiel "Im weißen Rössl" wird uraufgeführt

Berlin, Großes Schauspielhaus, 8. November 1930: Das Singspiel "Im Weißen Rössl" wird uraufgeführt. "Im Salzkammergut, da kam’mer gut lustig sein", heißt es in diesem Stück. Ja, man kann dort immer noch gut lustig sein. Und man kann auch heute noch absteigen, im Weißen Rössl am Wolfgangsee. Das Traditionshaus ist immer noch eines der führenden Hotels im Salzkammergut. Aber den schönen Sigismund und den Zahlkellner Leopold wird man dort nicht mehr antreffen. Die findet man nur im Singspiel von Ralph Benatzky. Wobei das Universalgenie Benatzky einiges an Hilfe hatte beim Verfassen des Werks.

Kulisse für die zu einer Revue erweiterten Operette "Im Weißen Rössl" im Großen Schauspielhaus in Berlin, 12. November 1930 | Bildquelle: picture alliance/IMAGNO

Bildquelle: picture alliance/IMAGNO

(Bild: Kulisse für "Im Weißen Rössl" im Großen Schauspielhaus in Berlin, 12. November 1930)

Als sich der Vorhang im Großen Schauspielhaus in Berlin an diesem Novemberabend hebt, ist Ralph Benatzky natürlich aufgeregt – aber auch ziemlich sauer. Regisseur Erik Charell – der gemeinsam mit Benatzky und dem Schriftsteller Hans Müller-Einigen auch das Libretto verfasste – hatte darauf bestanden, Songs von anderen Komponisten ins "Weiße Rössl" aufzunehmen: unter anderem "Mein Liebeslied muss ein Walzer sein" von Robert Stolz, "Zuschau’n kann i ned" von Bruno Granichstaedten und von Robert Gilbert "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist". Gilbert schreibt außerdem die Liedtexte von Benatzky um – in allerletzter Minute, die Orchestrierung übernimmt der Komponist Eduard Künneke, weil keine Zeit bleibt.

YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Im weißen Rössl (1935) - mit Theo Lingen - Jetzt auf DVD! - Filmjuwelen | Bildquelle: Film- und Fernsehjuwelen (via YouTube)

Im weißen Rössl (1935) - mit Theo Lingen - Jetzt auf DVD! - Filmjuwelen

Respektloses und frivoles Stück Musiktheater

Ralph Benatzky | Bildquelle: picture-alliance/dpa Von ihm stammt die Musik – zumindest größtenteils: Ralph Benatzky | Bildquelle: picture-alliance/dpa Das "Weiße Rössl" wird zum Riesen-Erfolg – und das nicht nur in Berlin, sondern auch in London, New York und Paris. Die "BZ am Mittag" schreibt über die Uraufführung: "Das Lokalkolorit wird sozusagen synkopiert von der Internationalität der Girls und Boys, die beweisen sollen, dass auch St. Wolfgang nicht außer der Welt liegt. Ihre Tänze sind das fließende Band, das die Handlung aufrollt, heranträgt, in Takte und Akte teilt." Das "Weiße Rössl", das an diesem Abend in die Welt entlassen wird, ist keine harmlose Schmonzette, nicht die Beschwörung einer heilen Welt – das "Rössl" ist ein respektloses, frivoles Stück Musiktheater, das dem Geist der wilden 20er-Jahre verpflichtet ist. Auch deswegen verbieten die Nationalsozialisten das "Weiße Rössl": wegen des despektierlichen Umgangs mit der Folklore.

US-Fassung als "White Horse Inn"

Ralph Benatzky hatte schon zuvor Deutschland verlassen – und auch Regisseur Erik Charrell war bereits 1931 emigriert, in die USA, wo er am Broadway das "Weiße Rössl" auf die Bühne brachte – als "White Horse Inn". Ob die beiden je im echten "Weißen Rössl" abgestiegen sind? Möglich wäre es: Beide kehrten nach dem Krieg nach Deutschland zurück – und Erik Charrell verbrachte den Rest seines Lebens in München. 1952 produzierte er wieder einmal das "Weiße Rössl" – dieses Mal als Tonfilm, mit Johannes Heesters.

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

    AV-Player